Geplante Wahl von drei neuen Richtern für das Bundesverfassungsgericht

In den letzten Tagen wurde ein Wahlvorschlag der SPD-Bundestagsfraktion für eine Richterin am Bundesverfassungsgericht intensiv und sehr kontrovers diskutiert. Die Wahl dieser Kandidatin stand heute auf der Tagesordnung des Bundestages. Ich kann die Sorgen und die Kritik der Bürgerinnen und Bürger an diesem Vorschlag gut nachvollziehen. Auch ich sehe die Nominierung von Frau Prof. Brosius-Gersdorf als Verfassungsrichterin durch die SPD sehr kritisch. In unserer Fraktion haben wir ausführlich darüber diskutiert.
Innerhalb der Union gibt es erhebliche Bedenken, vor allem aufgrund ihrer Positionen zu gesellschaftspolitischen Themen wie Abtreibung, Impfpflicht und verpflichtender Frauenquote. Viele Kolleginnen und Kollegen, mich eingeschlossen, teilen die Sorge, dass die Rechtsprechung in Deutschland ausgewogen bleiben muss und nicht einseitig geprägt werden darf. Unsere Fraktionsführung, unter der Leitung von Jens Spahn MdB, hat diese Bedenken ernst genommen und betont, dass es sich um eine schwierige Abwägungsentscheidung handelt.
Jens Spahn hat bereits am vergangenen Montag klar gemacht, dass ein Kompromiss mit der SPD notwendig war, um eine Blockade bei der Richterwahl zu verhindern und die Handlungsfähigkeit des Bundestags zu gewährleisten. Andernfalls hätte der Bundesrat die Wahl durchgeführt, und wir hätten keinen Einfluss mehr auf das Ergebnis gehabt. Ob das Ergebnis dann besser geworden wäre, bleibt fraglich – auch im Bundesrat haben die Unionsländer keine Mehrheit, und die CDU ist in Koalitionen mit SPD, Grünen oder anderen Parteien.
Am Freitag wurde die Wahl aller drei Richter letztendlich vertagt, und zwar auf die zweite Septemberwoche. Ich bin gespannt, ob die SPD dann erneut dieselbe Kandidatin vorschlägt. Sollte dies der Fall sein, würde das eine bewusste Provokation darstellen. Bereits die heutige Absetzung hat die schwarz-rote Koalition in eine schwierige Lage gebracht. Sollte der Streit im September fortgesetzt werden, könnten wir eine Krise erleben, die der am Ende der Ampelregierung ähnelt – ein Szenario, das wir alle mit staatspolitischer Verantwortung vermeiden möchten.

Wir als Union und auch Bundeskanzler Friedrich Merz setzen uns dafür ein, dass die Mitte des Parlaments handlungsfähig bleibt und die extremen Fraktionen, AfD und Linke, das Verfahren nicht dominieren. Die Zustimmung zu diesem Kompromiss wäre kein Zeichen von Schwäche, sondern von staatspolitischer Verantwortung in einer schwierigen Lage. Die Union hat mit Günter Spinner zudem einen eigenen, breit anerkannten Kandidaten vorgeschlagen und trägt damit Verantwortung für die Ausgewogenheit des Gerichts. Diese Verantwortung hat die SPD mit ihrem Vorschlag nicht gezeigt. Auch wenn nicht jede Entscheidung alle zufriedenstellen kann, bleibt unser Ziel, die demokratische Mitte zu stärken und den Einfluss von Extremisten aus allen Richtungen zu begrenzen.


Leider verfügen wir als Union nur über 208 von 630 Abgeordneten, und für die Richterwahl ist eine 2/3-Mehrheit erforderlich. Wenn wir nicht einmal die Kandidaten der SPD unterstützen (die, wie man mir versichert hat, bisher nie unsere Kandidaten abgelehnt haben), wie sollen wir dann einen eigenen Kandidaten durchsetzen?

In Bezug auf die nicht gewählte, umstrittene Richterkandidatin haben wir als Union jedoch durchgesetzt, dass Frau Brosius-Gersdorf keinesfalls Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts wird – ein Punkt, der vielen in der Fraktion besonders wichtig war. Zudem soll sie Mitglied des 2. Senats werden, der sich nicht mit den gesellschaftspolitischen Themen befasst, die sie so problematisch vertreten hat. Weiterhin würde sie als Richterin in einem Senat mit sieben anderen Richtern agieren, sodass ein Minderheitenvotum von ihr keine Relevanz hätte. Diese Bedingungen sowie die Sorge um einen schwerwiegenden Vertrauensbruch zwischen CDU/CSU und SPD sprachen zunächst dafür, der Kandidatin eine Stimme zu geben – ihre Positionierung und Grundeinstellung sprachen klar dagegen. Ich tendierte dazu, sie nicht zu wählen. Nun hat die Wahl am Freitag nicht stattgefunden. Ich hoffe, dass die SPD-Fraktion in der Sommerpause zur Besinnung kommt und nach der Sommerpause eine neue, konsensfähigere Kandidatin vorschlägt.